Die armen Taxifahrer?

Noch bevor der Mindestlohn ab Januar 2015 in Kraft tritt, möchten die Lüneburger Droschkenbesitzer eine Grundpreiserhöhung von 10 % erreichen. Laut der hiesigen Tageszeitung hat man bei der Verwaltung der Stadt Lüneburg einen entsprechenden Antrag für die Anhebung um 30 Cent beantragt.

Auf Facebook führt das zu mehr oder minder starken Unmutsbekundungen. Wobei es aber auch Verständnis für die Taxifahrer gibt. Von

Ja die Armen Taxifahrer buhu.

bis

Ihr solltet mal alle Bedenken was da für Kosten hinterstecken

reichen daher die Aussagen auf Facebook.

Natürlich ist es nicht schön, wenn irgendein Dienstleister seine Preise anhebt. Vor allem in Anbetracht der Tatsache, das die Preise wegen des Mindestlohns ab Januar 2015 noch einmal steigen werden.

Trotzdem sollten sich Kritiker gerade im Hinblick auf die Taxifahrer folgendes vergegenwärtigen:

Der Fahrer verdient sein Geld nur, wenn er einen Fahrgast befördert.

Fährt er leer durch die Gegend oder steht er wohl möglich stundenlang am Taxenstand, verdient er nicht einen Cent.

Laut einer Umfrage von Microsoft wird knapp ein drittel der Wochenarbeitszeit unproduktiv vergeudet. Das heißt: Bei 45 Wochenstunden werden 17 davon durch daddeln, quatschen oder Tagungen verbraten.

Bekommen Taxifahrer fürs unproduktiv sein wie erwähnt keinen Cent, werden die Kollegen im Büro oder in der Werkstatt dafür aber bezahlt.

Trotz 60 Stunden-Woche noch zusätzlich Hartz IV

Nicht wenige Taxifahrer müssen sich ihr Gehalt mit Hartz IV aufstocken, weil sie trotz 12 Stunden-Tagen und 60 Stunden-Woche gerade mal so auf ein (sehr niedriges) 4-stelliges Gehalt kommen.

Früher für einen bestimmten Preis eine viel weitere Strecke gefahren

Früher hatten wir auch noch einen Kaiser…

Nein ernsthaft: Die Kosten für ein Fahrzeug, für Kraftstoffe, Versicherungen und ähnliches kennen in der Regel nur eine Richtung – aufwärts.

Jeder, der sich über die Preissteigerungen bei Taxis im Allgemeinen aufregt, sollte mal überlegen, was es ihn kosten würde, würde er allein im Bus fahren und dieser nicht noch durch die öffentliche Hand subventioniert werden.

Nicht mit der letzten Mühle durch die Gegend gefahren werden

Wer als Fahrgast mit einem Taxi fährt, erwartet durchaus einen gewissen Komfort. Die wenigsten würden in ein 5 Jahre altes Fahrzeug einsteigen, das schon weit über 100.000 Kilometer auf dem Tacho stehen hat.

Das heißt übersetzt: spätestens nach 2 Jahren hat ein Taxi ausgedient und wird / muss ersetzt (werden). So schnell ist in der Regel aber kein Wirtschaftsgut abgeschrieben. Und das wiederum heißt, der Unternehmer muss den Wertverlust mit seinem täglichen Umsatz wieder hereinholen respektive ausgleichen.

Alle 5 Jahre zur Gesundheitsprüfung

Jeder Taxifahrer muss alle 5 Jahre zur Gesundheitsprüfung. Neben dem Sehtest beinhaltet dieser einen Stresstest, Reaktionstest und Wahrnehmungstest. Diese Tests können nicht vom eigenen Hausarzt durchgeführt werden, sondern müssen von einem Betriebsarzt, Arbeitsmediziner oder einer entsprechenden Gutachterstelle vorgenommen werden.

Und keine dieser Stellen macht das für ein paar Penunzen. Diese Arbeit lässt man sich durchaus gut bezahlen. Lt. Wikipedia kostet ein Gutachten nach der Fahrerlaubnisverordnung 160 €, die Augenärztliche Untersuchung 55 €. Bei einem Betriebsarzt sind alle Untersuchungen für zusammen unter 100 € zu haben.

Trotzdem muss das Geld auch erst einmal wieder eingefahren sein.

Nicht alle Kunden sind Sonnenscheine und ehrlich

Gerade am Wochenende, zu Feiertagen wie Weihnachten oder Silvester, oder bei öffentlichen Festen trinkt der eine oder andere auch schon mal gerne mehr als er verträgt. Nicht jeder dieser betrunkenen verhält sich positiv und manche schaffen es auch nicht, ihr Essen und den Alkohol während der Fahrt bei sich zu behalten.

Das Ergebnis dieser Tatsache wieder so zu beseitigen, das nachfolgende Fahrgäste möglichst nichts mehr davon mitbekommen, ist aufwändig und nicht immer kostenlos.

Und manchmal kommt es auch vor, das Fahrgäste die Zeche prellen. Sie mögen es dann zwar für ulkig halten, auch wenn es eine Straftat darstellt. Doch dann muss der Fahrer den Fahrpreis aus der eigenen Tasche bezahlen.

Ich bin selbst Mietwagen gefahren. Zwar eben ’nur‘ Mietwagen – d. h. im Gegensatz zum Taxi durften nur angemeldete Fahrgäste befördert werden – und ’nur‘ 4 Jahre, aber Nachtschichten und Kneipentouren waren für mich das ultimative Grauen. Wobei das natürlich auch an der jeweiligen Person des Fahrers liegt.

Viele mögen es nachts zu fahren, ich habe lieber Tagsüber die Senioren und Geschäftsleute gefahren.

Gott sei Dank hatte ich nur einmal einen Fahrgast, der mich beschissen hat, und nur einmal einen Fahrgast der mir besoffen so weit weggedämmert ist, das ich ihn nur mit großer Mühe wieder wach bekommen habe. Ins Auto gekotzt hat mir meiner Erinnerung nach zum Glück keiner meiner Fahrgäste.

Doch wenn man schon lesen muss, das sich Personen nach dem Stadtfest fremdgeschämt haben für Leute, die in ein Taxi eingestiegen sind, dann hat das meiner Ansicht nach schon eine gewaltige Aussagekraft

Ich hätte von meinem Verdienst schon zu DM-Zeiten keine Familie ernähren können. Und der Euro hat die Situation sicher nicht besser gemacht.

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