Putin und der Fall Chordokowski

Wladimir Putin, seines Zeichens Russischer Präsident und Autokrat im Machtzentrum Kreml, hat wieder einmal gezeigt, wie man eine gelungene PR-Aktion ablaufen lässt.

Noch vor wenigen Wochen wurde Russland vom Internationalen Seegerichtshof dazu verurteilt, die Greenpeace-Aktivisten und deren Schiff, die ‚Arctic Sunrise‘ frei zu lassen. Russland hat an diesem Verfahren nicht teilgenommen, weil es die Institution als nicht zuständig betrachtet (hat).

Jetzt hat der russische Autokrat mit einer Gefangenen-Amnestie nicht nur die Greenpeace-Mitglieder freigelassen, sondern auch die Sängerinnen der Rockband Pussy Riot und den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden des mittlerweile insolventen Ölkonzern Yukos – und Intimfeind Putins – Michail Chordorkowski. Dieser hat wegen angeblicher Steuerhinterziehung und angeblich planmäßigen Betrugs 10 Jahre in einem Straflager abgesessen.

Putin führt Regie

Der Kremlchef hat mit dieser Vorgehensweise zum wiederholten Male gezeigt, das er nicht die Marionette sondern der Puppenspieler ist. Er lässt sich nicht sagen, was zu tun ist, sondern er sagt an was Sache ist.

Und man kann Putin – mal wieder – nur gratulieren. Er gibt den Medien das Futter von der Hand, und diese laben sich daran ohne auch nur ein kritisches Wort zu verlieren.

Denn kein deutsches Medium (Zeitung, Fernsehen, Radio) scheint mit dem Umstand ein Problem zu haben, das Putin seinen Erzfeind Chordorkowski zwar jetzt freigelassen haben mag, die russische Staatsanwaltschaft aber schon längst wieder dabei ist, eine neue Anklage gegen den ehemaligen Oligarchen zu formulieren. Diesmal soll es sich um den (angeblich) illegalen Transfer von mehr als 10 Mrd. US-Dollar durch die Firma Yukos handeln.

Chordorkowski nur frei auf Zeit

Das heißt übersetzt: der ehemalige Miliardär ist nur frei auf Zeit!

Er mag jetzt aus Russland ausgereist sein, um zu seiner schwer kranken Mutter nach Deutschland zu fliegen. Das das Verfahren gegen ihn aber auch in Abwesenheit geführt werden wird, dürfte klar sein. Genauso wie das Urteil am Ende: Wieder Straflager auf lange Zeit.

Ihm geht es jetzt quasi wie Edward Snowden: Er braucht ein Land, das ihm politisches Asyl anbietet. Denn nach Hause zurück wird er – zumindest solange Putin in irgendeiner Art und Weise noch die Fäden in der Hand hält – nicht mehr können. Er würde sonst gleich am Flughafen in Handschellen abgeführt werden.

Aber ich glaube, das selbst politisches Asyl in einem anderen Land Chordorkowski nicht vor dem langen Arm des Russischen Präsidenten bewahren wird. Der Kreml-Chef hat mit Sicherheit rund um die Erde ein gut funktionierendes Netzwerk am Laufen, das – wenn er es will – dafür sorgen wird, das sein Kontrahent sich entweder plötzlich die Radieschen von unten anschauen wird, oder er – eher er sich versieht – trotz Asyl wieder in einem Stalag verschwinden wird.

Denn Putin schert sich einen Dreck darum, ob es um die (politischen) Beziehungen zu einem Land gut bestellt ist oder nicht. Ihm geht es allein um seine Macht und die Erfüllung seiner eigenen Ziele. Ob sein Land darunter leidet, ist für ihn letzten Endes zweitrangig.

Kritiklose deutsche Medien

Das die Medien diesen Punkt in der ganzen PR-Aktion – denn nichts anderes ist Putins Vorgehen – mit keinem Wort erwähnen, ist schon beinahe als Beihilfe zu werten. Als Beihilfe dafür, das weniger politisch interessierte Menschen, in deren Augen die Begnadigung von Chordorkowski, den Pussy Riot-Sängerinnen oder den Greenpeace-Aktivisten als ein humaner Akt erscheinen dürfte, Putin für sein Handeln Beifall klatschen.

Aber eigentlich dürfte dieses Kritiklose Berichterstattung hierzulande nicht wirklich überraschen. Wird das Tun der politischen Klasse doch immer seltener von den meisten Medien mit kritischen Worten begleitet.

2 Gedanken zu „Putin und der Fall Chordokowski“

  1. Hi,

    Der Fall Snowden kommt Chordokowski doch gelegen. Die Amis würden sich bestimmt freuen wenn der bei ihnen Asyl sucht, um Putin zu ärgern.

    Mein Onkel ist mit einer Russin verheiratet und lebt in Omsk, ich selbst war schon öfter mehrere Wochen ihn besuchen. Putin ist bei den Russen durch seinen autoritären Stil gegenüber der westlichen Welt sehr beliebt. Die Leute dort fühlen sich nicht ausgespäht, unterdrückt oder haben Angst vor der Regierung, so wie unsere Presse das ständig deklariert.

    Übrigens: Russen ziehen eine Inhaftierung in einem Arbeitslager, dem eines Gefängnisses vor. Das Wort Arbeitslager ist bei uns eben durch die NS-Zeit geprägt und wir verbinden damit Folter und sonstige Gräuel, in Wahrheit ist es aber ein Gefangenenlager nach militärischem Vorbild wo die Menschen arbeiten, miteinander kommunizieren und sich innerhalb des Lagers, die meiste Zeit, frei bewegen können. Ein Gefängnis mit zwei Personen pro Zelle sehen die Russen eher als Folter und Isolation.

    Russland ist ein riesiges Land und hat nur 140 Millionen Einwohner, allein aufgrund dieser Tatsache lässt es sich dort freier Leben als in der BRD.

    Natürlich ist Putin, wie alle Politiker, ein machtbessenes A….. aber ich finde er steht dazu und predigt nicht Wasser und säuft Wein wie sein amerikanisches Pendant. Nur meine Meinung.

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    • Hallo Veronika!

      Also, das Putin nicht Wasser predigt und Wein säuft, ich glaube, das widerlegt er mit seiner jetzigen Aktion.

      Er will mit aller Macht verhindern, das sein Vorzeige-, bzw. Prestigeprojekt Sotschi mehr oder minder ein Desaster wird. Hätten nicht schon Würdenträger wie Gauck oder Hollande ihre Visite abgesagt, wäre es wohl nicht soweit gekommen. Beide Länder schicken ja nur ‚irgendwelche‘ Politiker zu den Spielen.

      Putin tut zwar so, als ob ihm das egal wäre. Aber dieser PR-Gag zeigt, das das nicht der Fall ist.

      Ich für meinen Teil halte mehr von Obama. Zum einen ist er kein Autokrat wie Putin, und zum zweiten kann man ihm sehr gut anmerken, wie sehr es ihm zusetzt, das er seine vor den Wahlen gemachten Versprechungen nicht umsetzen kann. Er ist im Gegensatz zu Putin niemand, der über Leichen geht um seine Ziele zu erreichen.

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