Wer arbeitslos ist, verpflichtet sich (vor allem) gegenüber des Jobcenters dazu, alles in seiner Macht stehende zu tun, um möglichst schnell wieder in einen Sozialversicherungspflichtigen Job zu gelangen.
Mit meiner neuen Stelle als Kurierfahrer habe ich diese Verpflichtung wohl durchaus erfüllt wie ich denke. Und das ganz ohne Hilfe durch meinen 'Berater' oder einen anderen Angestellten des Jobcenters.
Nun hat der Job als Kurierfahrer durchaus die Eigenschaft, das ich flexibel auf etwaige Dienstplanänderungen durch meinen Chef reagieren können sollte - zumal dann, wenn ich denn wirklich auch mal richtige Kurierfahrten durchführen möchte. Schließlich kündigen die sich selten rechtzeitig an, bzw. halten sich nur in wenigen Fällen an die Arbeitszeiten des jeweiligen Fahrers.
Ohne eigenen Wagen zu unflexibel
Nun liegt bei uns der Fall vor, das wir nur einen Kombi als Familienkutsche besitzen. Hinzu kommt, das die Besitzerin dieses Gefährts in einer Konfiserie arbeitet und deshalb wegen des Weihnachtsgeschäfts zur Zeit zum Teil auch Spätschichten abreißen muss. Somit habe ich zwar morgens jemanden, der mich zum Standort des Firmenfahrzeugs bringen kann, ich aber nachmittags nur mit dem Bus nach Hause komme.
Während ihrer normalen Arbeitszeiten fahre ich sie morgens zur Arbeit, und sie nimmt mich entweder mit zurück, wenn wir einigermaßen zeitgleich Feierabend haben, oder holt mich eben dann später ab!
Flexibel kann man das also nicht wirklich nennen. Vom Standort des Firmenwagens fährt zwar alle halbe Stunde ein Bus, aber wenn ich zu bestimmten Zeiten Feierabend habe ist mein Anschluss-Bus nach Hause gerade mal zwei oder drei Minuten weg, und ich darf eine Dreiviertelstunde auf den nächsten warten.
Mein Chef erzählte mir schon während meines Praktikums, das es die Möglichkeit gibt, vom Jobcenter einen Zuschuss für einen Gebrauchtwagen zu erhalten. Dieser beläuft sich auf bis zu maximal 3.000 €. Aufgrund meiner finanziellen Situation also etwas, das ich in Anspruch nehmen sollte.
Zuerst lief das soweit ab, das mein Chef das mit dem für ihn zuständigen Mitarbeiter des JC klären wollte. Hinterher stellte sich aber heraus, das es sich wohl eher um einen Eingliederungszuschuss für ihn als Chef handelte als um einen Zuschuss für mich.
Also beantragte ich erst per Mail und Fax, zwei Tage später - nachdem sich nichts rührte - auch schriftlich diesen Zuschuss. Als Begründung führte ich an, das ich ohne eigenes Fahrzeug die notwendige Flexibilität nicht an den Tag legen könne und das zum zweiten mein Chef eine Zentrierung seines Fuhrparks in 25 Kilometer Entfernung zu meinem Wohnort plant. Ist die ÖPNV-Anbindung - wie geschildert - schon jetzt suboptimal, wird sie dann Katastrophal. Ganze zwei Busse fahren morgens von Lüneburg in den Heideblütenfest-Ort Amelinghausen.
Regelmäßiger ÖPNV? Aber doch nicht auf dem Lande
Der erste wäre eine Stunde vor Arbeitsbeginn dort, der zweite über eine Stunde nach der nötigen Zeit. Von der Rückfahrt rede ich gar nicht erst. Also absolut untauglich für diese Arbeitsstelle.
Nun bekam ich gestern ein Schreiben vom Jobcenter das u. a. den entsprechenden Antrag enthielt.
Gleich zwei Worte im ersten Satz des Anschreibens ließen mich durchaus sauer werden und das Ansinnen innerlich beenden:
anbei der entsprechende Antrag ohne Förderzusage
Im Antrag selbst ist unter 1. ein Häkchen bei
als Zuschuss und Darlehen
gemacht.
Das heißt: Die Hälfte des Betrages von maximal 3.000 € wird als Zuschuss gezahlt, die andere Hälfte als Darlehen gewährt. Dabei ist von vornherein noch nicht einmal sicher, das es diese Förderung gibt. Wenn ich den Zuschuss also jetzt beantragen würde, hätte ich vermutlich Mitte bis Ende nächsten Monats immer noch kein Fahrzeug, weil die Zusage fehlt oder der Antrag abgelehnt wurde.
Gut, man kann natürlich auch ein Darlehen in Anspruch nehmen, wenn man schon eine Bundeseinrichtung in Anspruch nimmt für etwas, das benötigt wird weil man das getan hat, was diese Behörde von einem verlangt.
Aber als ich dann die Bedingungen auf dem Beiblatt des Antrags gelesen habe, war für mich klar, das ich mir einen Gebrauchten zulegen werde, ohne diesen Zuschuss in Anspruch zu nehmen.
Denn die Forderungen des Jobcenters lauten wie folgt:
Zur Sicherung vorstehender Ansprüche des Trägers der Grundsicherung trete ich meine der Pfändung unterworfenen und übertragbaren gegenwärtigen und zukünftigen
- Lohn- und Gehaltsforderungen gegen meinen jeweiligen Arbeitgeber sowie alle sonstigen aus dem Arbeitsverhältnis mit dem jeweiligen Arbeitgeber beruhenden oder sich aus dem Zusammenhang hiermit ergebenden Ansprüche (einschl. solcher auf einmalige Vergütungen), insbesondere Provisionen, Erfindungsvergütungen, Abfindungsansprüche, Renten- u. Ruhegehaltsansprüche, Arbeitnehmersparzulagen
- Sozialleistungsansprüche gegen den jeweiligen Leistungsträger (z. B. Krankenkasse, Deutsche Rentenversicherung), insbesondere Ansprüche auf Zahlung von Krankengeld, Renten, Rentenabfindungen oder Beitragserstattungen der Deutschen Rentenversicherung oder vergleichbarer Träge (z. B. Bundesknappschaft) sowie Wohngeld
- Ansprüche gegen private Versicherungen, insbesondere auf Zahlung von Krankengeld, Tagegeld, Renten jeglicher Art oder Beitragserstattungen / -rückvergütungen
- Ansprüche aus Bausparverträgen, Kapitallebensversicherungen, Unfallversicherungen und Sparverträgen bis zur Höhe des Gesamtbetrages, zuzüglich 10 v. H. für etwaige Rechtsverfolgekosten, also insgesamt 3.300 € ab.
Es geht zwar noch weiter, aber das erspar ich mir und Euch.
Ganz zu schweigen natürlich davon, das der Arbeitsvertrag vorgelegt wird - was durchaus verständlich ist - und ich auch kein Aufstocker sein darf.
Kann jemand verstehen, das ich mir das nicht antue, und mir dann auf dem 'freien' Markt das Geld besorge?
Ich meine, ich habe meine Pflicht und Schuldigkeit nicht nur mit der Arbeitsaufnahme erledigt, sondern auch während meiner ganzen Hartz IV-Zeit. Und nun - so sehe ich das zumindest - soll ich dafür, das ich mir Arbeit gesucht und meinen Pflichten nach(ge)komme(n bin) auch noch bestraft werden?
Danke, aber das lass ich dann doch bleiben.
Hi, Marcus.
Es ist immer wieder eine Freude zu lesen wie es anderen auf dem Amt ergeht. 🙂 Selbstverständlich läuft da ganz viel ganz toll, aber es gibt immer wieder auch diese bürokratischen Pointen wie du sie beschreibst.Vielleicht ist der „freie“ Markt wirklich der bessere Weg. Sofern du da Geld bekommen kannst hast du wenigstens nicht ganz so viel Behördenirrsinn.
Weiterhin viel Erfolg auf deinen Kurierfahrten. 🙂
Beim Jobcenter sind leider alles „kann Bestimmungen“. Man ist fast bei allen hilflos ausgeliefert, was finanzielle Eingliederungen angeht. Ein Grund ist wahrscheinlich, das der Gesetzgeber hier keine genauen Vorschriften macht, um den Fallmanagern und Sachbearbeitern es zu überlassen die Mittel gut für den Hilfebedürftigen einzusetzen und anzupassen. Das dies oft unzureichend geschieht ist kein Geheimnis.
Hallo Claudia!
Das es nur Kann-Bestimmungen sind, hat zwei Gründe:
a.) Der Staat stellt gar nicht genügend finanzielle Mittel zur Verfügung, um die ganzen Fälle positiv Bescheiden zu können.
b.) Mit diesen Kann-Bestimmungen kann der Staat den Angestellten des Jobcenters den schwarzen Peter zuweisen, ohne sich offiziell einer Mitschuld stellen zu müssen.
Die Jobcenter haben, wie Inge Hannemann es ja nicht erst einmal öffentlich kundgetan hat, genau ihre Quoten, sicher auch diesbezüglich. Auch wenn die JC-Mitarbeiter es gut für den Hilfebedürftigen einsetzten wollten(!!!), könnten sie es nach einer bestimmten Frist schon gar nicht mehr!
Stimmt schon, aber für sinnlose Fort und Qualifizierungsmaßnahmen ist auch genug Geld da. Klar haben die in bestimmten Bereichen ihre Quoten und Anweisungen die Sie erfüllen müssen. Auch sind die Leistung zur Eingliederungen in jedem Jobcenter anders geregelt.
In meiner Stadt gibt es zum Beispiel auch Kostenübernahme für die Werkstatt, wenn das Auto kaputt geht und man trotz Job noch hilfebedürftig ist. Und Geld bei Tätigkeitsaufnahme je nach Entfernung. Das ist überall anders, schade eigentlich
Das letzte was Du schreibst, ist ja auch etwas, was Hannemann kritisiert: Je nachdem, ob der Leiter eines JC ein Karrieretyp ist oder nicht, arbeitet die Behörde eben entsprechend. Will man noch höher klettern, werden solche Sachen verweigert, will man eher dem Menschen helfen, werden sie ge- / erstattet.
Richtig so, ja nicht von irgend welchen Behörden und deren Vertreter abhängig machen!
Das liebe Amt, was soll man dazu noch sagen.
Natürlich kann man sich viel „Fördern“ lassen, kennt man doch ALLE Antragsformulare und hat im besten Falle noch einen relativ kompetenten Bearbeiter. Was den meisten Mitarbeitern des Jobcenters leichter fällt, ist einem Stein in den Weg zu legen. Das hört auch in diesen schönen Bedingungen nicht auf, welche einem, genau wie Du beschreibst, noch einmal überlegen lässt, ob es überhaupt Sinn macht das ganze zu beantragen. Im Grund wird man nicht gefördert sonst nur weiter bürokratisch gegängelt.
Wenn man heute arbeiten möchte, ist auf das Jobcenter so oft kein Verlass. Möchte man seine Arbeit behalten und aus diesem Grund gefördert werden, interessiert es die lieben Jobbörsianer nicht bzw. halten einen mit solchen Bedingungen und dem „Kleingeschriebenen“ fern.
Echt schade, gibt es doch zum Glück noch genügend Leute, die statt Harzt IV hauptberuflich zu beziehen, lieber arbeiten gehen und zum Teil sogar noch Geld einbüßen. Alles nur nicht vom Staat abhängig sein.
Hallo Andreas!
Du hast absolut Recht! Man legt einem nur mehr Steine in den Weg, statt welche wegzunehmen!
Wie ich schon geschrieben habe, werde ich den Zuschuss sehr wahrscheinlich nicht beantragen. Ich werde das denen aber auch entsprechend mitteilen!