Verbrechen an Frauen und besonders an Kindern bewegen die Menschen mehr als alle anderen Kriminalitätsdelikte. So ist es auch nur logisch, das der Mädchenmord von Emden eine Welle der Empörung, des Mitgefühls und der Hilfsbereitschaft ausgelöst hat. Zumal hier auch noch ein Sexualdelikt vorliegt!
Einen großen Anteil daran, das in diesem Fall schnell ein Tatverdächtiger festgenommen werden konnte, haben die sozialen Netzwerke. Denn Dank der Videoaufnahmen konnte man als Bürger der Polizei entsprechende Hinweise liefern.
Soweit das positive an den Netzwerken wie Facebook oder twitter. Denn leider bergen diese auch eine gewaltige negative Brisanz wie dieser Fall zeigt.
Denn entgegen dem rechtlichen Grundsatz der Unschuldsvermutung stand der auf den Videos zu sehende junge Mann für viele Menschen quasi umgehend und zweifelsfrei damit auch als Täter fest. Mit den daraus resultierenden Folgen!
Man forderte nicht nur operative Maßnahmen an ihm durchzuführen, sondern wollte ihn auch steinigen, lynchen und in die Todeszelle gesteckt sehen!
Willkommen im Mittelalter?!?!
Denn das, was hier passiert ist, ist doch eine Hexenjagd mit modernen Mitteln. Nur das hier eben keiner Steine schmeißt oder einen Scheiterhaufen anzündet, sondern Behauptungen und Schuldzuweisungen in den Raum stellt, die so keiner wirklich überprüfen kann!
Und mit dem Unterschied, das solch eine Hexenjagd im Mittelalter sehr wahrscheinlich lokal begrenzt war, während sie heute global stattfindet!
Bei allem verständlichen Hass auf jemanden der ein (Klein)Kind tötet – und sich dabei noch sexuell an ihm vergeht -, darf sicher die Frage gestellt werden: Wie weit darf eine Vorverurteilung gehen? Zumal wenn sich – wie jetzt in diesem Fall – hinterher herausstellt, das der Verdächtige als Täter ausgeschlossen werden kann!
Der Jugendliche kann doch eigentlich nur noch auswandern! Seine Zukunft in Deutschland – vor allem hier in Norddeutschland – ist doch mit den Videos gestorben! Im Umkreis seines Heimatortes Emden ist er doch seit dem Wochenende eine Persona non Grata – eine unerwünschte Person!
Jeder andere, der als Tatverdächtiger in einem Verbechen / Kriminalfall gilt und hinterher auf freien Fuss gesetzt wird, weil sich herausstellt das er unschuldig ist, kann nach Hause gehen und sein (gewohntes) Leben fast wie bisher weiterführen. Der Emder Jugendliche ist wieder auf freiem Fuss, musste aber unter Polizeischutz gestellt werden. Und das wohl noch für eine ganze Weile. Zumindest solange, bis man den wahren Täter gefunden und verurteilt hat.
Das er sein Leben wie bisher / gewohnt weiterführen kann ist kaum anzunehmen!
Wer in ein paar Jahren wohlmöglich nach seinem Namen, oder ähnlichen von ihm bekannten Daten, im Internet suchen wird, wird doch zwangsläufig auf diese Geschichte stoßen!
Kann das wirklich angehen? Darf die Tatsache, das ein Mensch wohlmöglich zur falschen Zeit am falschen Ort war, soweit führen, das im seine Zukunft im gewohnten Umfeld versperrt wird??
Wie können wir uns in Zukunft davor schützen, das von Bürgern, von Nutzern des Internets, aus einem Verdächtigen ein Täter gemacht wird? Wie können wir zukünftig dafür sorgen, das das Internet – und hier insbesondere die sozialen Netzwerke – zwar zu einem Hilfsmittel werden kann respektive als solches genutzt wird, ohne das es diese verheerenden Nachwehen für Menschen nach sich zieht, die sich als nicht schuldig entpuppen?
Sollten die Strafverfolgungsbehörden zukünftig gar gänzlich auf die ‚Neuen Medien‘ verzichten, damit sich solche Hexenjagden nicht mehr wiederholen können?
Oder wollen wir den Grundsatz ‚Unschuldig bis die Schuld bewiesen ist‘ ad acta legen?
Dann wären wir wohl tatsächlich wieder im Mittelalter angekommen!
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