Die Affäre um Christian Wulf, seinen Privatkredit und den Umgang mit Fehlern und den Medien hat mittlerweile nicht nur zu einer Diskussion um seinen Rücktritt oder Nicht-Rücktritt geführt, sondern sie scheint auch langsam aber sicher eine Debatte darum ins Rollen zu bringen, ob wir dieses Amt des Staatsoberhauptes eigentlich noch brauchen. Schließlich würde – vermeintlicher Weise – doch angeblich das Amt des Bundeskanzlers / der Bundeskanzlerin dessen Repräsentationsaufgaben auch ausüben können!
Bei mancheinem Bürger nämlich scheint der Eindruck vorzuherrschen, das der Bundpräsident nur Gesetze unterschreibt und Staatsgäste empfängt. Damit, so sind viele wohl der Ansicht, würden sich die Aufgaben des ersten Mannes im Staate auch schon erschöpfen.
Dieses Gefühl drängt sich mir auf, wenn ich z. B. von Aussagen wie ‚Grüß-August‘ oder ähnlichem lese oder höre!
Die Generation der heute 60 – 70jährigen Bürger weiß sicher noch ob des Wieso, weshalb und warum die Gründungsväter der Bundesrepublik Deutschland das Amt des Bundespräsidenten einführten. Aber wie sieht das bei den jüngeren Generationen aus? Diesbezüglich scheint mir hier eine große Unkenntnis vorzuherrschen.
Denn schließlich umfasst das Aufgabengebiet des Staatsoberhauptes weit mehr als nur Gesetze mit seiner Unterschrift in Kraft treten zu lassen oder Staatsgästen aus anderen Ländern das Patschepfötchen zu drücken!
Sein Zuständigkeitsbereich umfasst zudem nämlich noch folgende Aufgaben:
- er ist unsere völkerrechtliche Vertretung
- er beglaubigt diplomatische Vertreter
- er hat auf Bundesebene das Recht Begnadigungen auszusprechen, ohne jedoch eine Amnestie aussprechen zu können
- er fertigt die Bundesgesetze aus und verkündet sie durch Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt
- er kann einen Kandidaten für das Amt des Bundeskanzlers zur Wahl durch den Deutschen Bundestag vorschlagen und ihn danach ernennen und auch entlassen
- er Ernennt und Entlässt Minnister auf Vorschlag des Bundeskanzlers
- er Ernennt und Entlässt Bundesrichter und -beamte, Offiziere und Unteroffiziere, solange keine andere Anordnungen oder Verfügungen nichts anderes bestimmen
- er kann den Bundestag nach dreimaliger, gescheiterter Kanzlerwahl oder einer gescheiterten Vertrauensfrage auflösen
- er verkündet die Feststellung des Verteidigungsfalls und gibt völkerrechtliche Erklärungen nach dem Beginn eines Angriffs ab
- er beruft den Bundestag, abweichend von Parlamentsbeschlüssen, ein
- er beruft die Parteienfinazierungskommission gemäß dem Parteiengesetz ein
Die Gründungsväter der Bundesrepublik wollten mit der Einführung des Amtes des Bundespräsidenten verhindern, das sich die Hindenburgischen Verhältnisse der Weimarer Republik der 1930iger Jahre wiederholen. War der damalige Reichspräsident doch mit wesentlich mehr Macht ausgestattet.
Vor allem deshalb wurde sein Amt nicht in direktem Zusammenhang zu den Parteien oder der Regierung gestellt. Letztere kann somit – anders wie vor 80 Jahren – den Präsidenten nicht einfach stürzen und er nicht selbst einen Bundeskanzler eigenen Gustos ernennen. Letzteres führte bekanntlich mit dazu, das ein österreichischer Schnauzbart-Träger zum Kanzler ernannt wurde.
Ich bin nach wie vor der Ansicht, das das Amt des Bundespräsidenten – im Gegensatz zu manch einem Ministeramt das man in all den Jahren aus dem Boden gestampft hat – durchaus noch seine Berechtigung hat und es auch weiterhin einen Bundespräsidenten geben sollte.
Vor allem in Hinblick auf zwei wichtige Punkte seines oben erwähnten Aufgabengebietes:
- er Ernennt und Entlässt Bundesrichter und -beamte, Offiziere und Unteroffiziere
- er verkündet die Feststellung des Verteidigungsfalls und gibt völkerrechtliche Erklärungen
Würde man das Amt des Bundespräsidenten abschaffen, so denke ich, würde sich der Parteienfilz noch weiter verschärfen. Schließlich wird nicht heute schon selten geunkt, man steige im Dienste des Staates nur mit dem richtigen Parteibuch die Karriereleiter empor.
Wäre für die Ernennung und Entlassung von Richtern und Offizieren nur noch der Bundeskanzler oder gar nur ein Minister zuständig so würde sich diese Entwicklung drastisch verschärfen. Und es würden dann – wie in Italien unter Berlusconi – mit höchstmöglicher Wahrscheinlichkeit nur noch Linientreue Personen in die entscheidenden Ämter gehoben.
Und was es heißt, das eine Person allein entscheiden kann wann wir Krieg haben, zeigen uns die Ereignisse die zum zweiten Weltkrieg geführt haben glaube ich ganz deutlich.
Abgesehen davon bin ich der Meinung, das – würde man das Amt des Bundespräsidenten abschaffen – dessen Aufgaben nicht auf bestehende Ministerämter verteilt würden. Ich glaube, das stattdessen dafür weitere Ministerposten geschaffen würden. Diese würden uns mit ihren zusätzlichen Personal – es bliebe ja nicht nur bei dem einem Minister – dank der Gehälter, Pensionen und den jeweiligen Etats der Ämter ein vielfaches von dem Kosten was uns das Staatsoberhaupt mit seinem Bundespräsidialamt so schon kostet.
Den Schaden, den mittel- oder langfristig die Demokratie dabei nehmen würde noch gar nicht einmal berücksichtigt. Und die italienischen Verhältnisse unter einem Sivlio Berlusconi möchte hier doch wohl niemand einführen, oder?
Die Aufgaben eines Bundespräsidenten – wieviele Bürger kennen sie eigentlich (noch)? http://t.co/WMd2cscN
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Ich bin ebenfalls der Ansicht, dass das Amt des Bundespräsidenten von hoher Bedeutung ist. Zuviel Macht an eine Person zu übertragen, kann in einer Demokratie nie der richtige Weg sein. Und gerade die Tatsache, dass der Bundespräsident nicht Mitglied der regierenden Partei (oder überhaupt irgendeiner Partei) sein muss, räumt hier auch wieder ein Stück Unabhängigkeit ein. Zumal man zu Guter letzt auch eben die oft genannte Repräsentationsfunktion auch nicht vergessen darf.
Hallo Kai!
Danke für Deinen Kommentar, den ich mir erlaubt habe etwas zu bearbeiten.
Ich verlinke nicht auf einen leeren Blog der noch dazu ohne korrektes – bzw. gar kein – Impressum läuft. Daher habe ich die URL entfernt!