Am Donnerstag war es mal wieder so weit: In Wiesbaden stand die Verleihung des diesjährigen ‚Bambi‘ an.
War der Preis für die Medienschaffenden im deutschsprachigen Raum bis vor einigen Jahren so etwas wie der Oscar für die amerikanische Filmindustrie, so ist die Bedeutung des goldenen Rehkitzes für die Preisträger mittlerweile fast ins Bodenlose abgestürzt.
Für Aussenstehende wie unsereins ist es wohl der beste Beleg, wenn selbst ein Medienmagazin wie dwdl.de schreibt:
Der Bambi ist alljährlich eine Content-Maschine für die Klatschpresse und liefert A- bis C-Promis die Möglichkeit sich zu produzieren, zu promoten und zu inszenieren. Die Party danach wird zum Branchentreff. Nein, man kann also nicht sagen, die Verleihung als Veranstaltung wäre sinnlos. Nur der Preis ist wertlos geworden durch alberne und eilig erfundene Kategorien, die jegliche Ehrung ehrlicher Leistungen entwerten. Insbesondere bei US-Stars gilt auch in diesem Jahr: Einen Bambi gewinnt, wer Zeit hat.
Quelle: dwdl.de
In der Tat kommt der Verdacht auf, das es hier nicht darum geht, wirklich diejenigen zu ehren, die in den 12 Monaten zuvor wirklich etwas auf die Beine gestellt haben, sondern das diejenigen als Preisträger über den roten Teppích schreiten dürfen, die die meiste PR versprechen.
Und das das auch diesmal wieder geklappt hat, beweisen die gestiegenen Einschaltquoten.
Wobei das in gewisser Weise perverse – mag sein das der Begriff zu überzogen ist – an der Preisverleihung ja nicht die Verleihung an sich darstellt, sondern die Kategorie für die der Preis hier vergeben wird.
Integration!
Natürlich muss man dem Preisträger durchaus zugute halten, das er sich für Kinder aus sozial benachteiligten Familien respektive Kiezen einsetzt, welche dann vielleicht noch aus Familienverhältnissen wie er selbst stammen: Mit einem deutschen und einem ausländischen Elternteil
Integration heißt nicht nur sich oder andere einzugliedern
Aber: Integration bedeutet nicht nur, das man sich als Mensch mit durchaus ausländischer Prägung – B.’s Vater ist tunesischer Herkunft – in die deutsche Gesellschaft einfügt. Und sie endet auch nicht dort, wo man sich dafür einsetzt, das sozial benachteiligte (Kinder) wie andere auch am normalen Gesellschaftsleben teilnehmen können.
Sondern Integration heißt auch, das man Leute mit anderen (sexuellen) Vorlieben nicht öffentlich an die Wand nagelt oder bestimmte Menschen als minderwertig hinstellt, wie dieser Preisträger es ja nun einmal mit seinen Songs getan hat. Und damit dann auch noch ein Vermögen gescheffelt hat.
Aber all diese Kritik perlte nicht nur am Stifter – der Hubert Burda Media – sondern auch am Preisträger völlig ab. Im Gegenteil, letzterer soll selbst in seiner Dankesrede noch einen drauf gesetzt haben.
Nehmen wir mal ein anderes, bewusst sehr krasses, Beispiel:
Wer würde auf die Idee kommen, jemand der vor sehr langer Zeit – 20 Jahre oder noch mehr – als Vergewaltiger auffällig wurde sich aber danach nichts mehr hat zu schulden kommen lassen, das Bundesverdienstkreuz zu verleihen, weil er sich tatkräftig ehrenamtlich für soziale Projekte ein(ge)setzt hat?
Wohl kaum einer, oder?
Es scheint also, als sei die PR für die Show wichtiger als deren eigentlicher Sinn. Damit aber macht man – wie im Zitat beschrieben – den Preis an sich überflüssig.
Das der – wie Bushido nicht gerade von allen geschätzte und geliebte – Schlagersänger Heino jetzt seinen vor 2 Jahrzehnten erhaltenen Bambi wieder an den Verlag zurückschickt, ist einerseits natürlich auch PR. Selbst wenn er heute nicht mehr – oder nicht mehr sehr oft – auftritt.
Andererseits setzt es meiner Ansicht nach aber auch zwei Zeichen. Zum einen den schon angesprochenen (symbolischen) Verlust der Bedeutung des Preises. Wäre dieser Verlust nicht eingetreten, bräuchte sich niemand für nachfolgende Preisträger zu schämen und sich deshalb entschließen, den eigenen Preis wieder an den Absender zurückzuschicken.
Heinos Verhalten und Rosenstolz-Kritik nicht die einzige Option
Zum anderen zeigt es aber auch, das man sich als Jury durchaus schon Gedanken machen sollte, wen man als Preisträger nominiert und – vor allem – mit welcher Begründung man es tut.
Hätte man Bushido den Preis verliehen, nach dem er in einem Jahr ein halbes dutzend Goldene Schallplatten – oder wie viele Platine oder ähnliche(s) auch immer – mit Liedern mit wesentlich gesellschaftsfähigeren Texten gesammelt hat, hätte man sicher nicht einen derartigen Sturm der Entrüstung losgetreten, und den eigenen Preis – in gewisser Weise – ein wenig mehr beerdigt.
Aber dieses Zeichen der Kritik hätte auch von anderen kommen können! Rosenstolz zum Beispiel.
Denn was Marcel Reich-Ranicki beim Deutschen Fernsehpreis getan hat – die Annahme des Preises zu verweigern – hätte vielleicht mehr bewirkt, als eine bloße wörtliche Kritik der Preisverleihung an den Rapper.
Aber auch Laudator Peter Maffay – dem die Verleihung den veröffentlichten Fotos zufolge deutlich peinlich gewesen zu sein scheint – hätte ein Zeichen setzen können, das die Verantwortlichen vielleicht noch mehr in die Bredouille gebracht hätte: Die Rede und die Übergabe des Preises zu verweigern.
Doch so kann oder muss man sehr wahrscheinlich davon ausgehen, das es auch 2012 wieder heißt: The same Procedure as every Year:
Die Preisträger des diesjährigen Bambi heißen….
Denn solange der Stifter und die Jury keine Angst zu haben brauchen, das die Show nicht so läuft wie sie sich das vorstellen, ist es schwerlich anzunehmen das man seitens der Verantwortlichen das Nachdenken anfängt.
Da die Selbsthuldigung „Bambi“ der Show- und Medienbranche eine total überflüssige Veranstalltung ist, spielt es m.E. nach keine Rolle, ob Bushido oder jemand ander so einen Bambi bekommt.
Das ist doch wie ne Banane für den Affen im Zoo.
Hallo Matthias!
Als ganz so überflüssig, wie Du sie darstellst, würde ich die Auszeichnung mit dem Bambi nicht unbedingt ansehen.
Solange so eine Preisverleihung mit – sagen wir – rechten Dingen zu geht, ist es ja durchaus auch eine Wertsteigerung für denjenigen, der solch einen Preis bekommt. Und man sollte immer bedenken, das ein Schauspieler in Deutschland für seinen Unterhalt – und vor allem für sein Altersgeld – wesentlich länger stricken muss, wie sein amerikanischer Pondon. Schließlich sind sie nicht Angestellte sondern Selbständige und müssen somit selbst für ihre Rente und sonstigen Sozialleistungen aufkommen.
Für die Summe, die ein (bekannter) Schauspieler in Ami-Land für eine Folge einer Serie bekommt, dreht man hierzulande wohl fast eine Staffel ab. Charlie Sheen allein soll z. B. für EINE Folge ‚two and a half Man‘ nach 825 tsd. Dollar zuletzt irgendwas zwischen einer und 2 Mille bekommen haben.
Von daher hat so ein Preis wie ich denke durchaus seine Berechtigung. Aber man darf ihn dann nicht mit Entscheidungen, die rein der PR dienen, überflüssig machen!
Ganz zu schweigen davon, das gegen deren Oscar- oder Emmy-Verleihung unsere Bambi- und Echo-Veranstaltungen ja der reinste Witz sind .
Hallo Marcus,
letzte Woche kam ein Bericht im TV über Schauspieler, welche in Eigenregie ein Theater betreiben. Alle müssen zusätzlich Harz IV beantragen, weil sie von ihrer Arbeit nicht leben können.
Ich will nicht einsehen, dass ein Bushido, gleiches gilt aber auch für einen Boris Becker, oder Dieter Bohlen, sich Millionen in die Tasche stecken, nur weil sie einem funktionierenden Geschäftsmodell gehorchen, und die, welche sich um Kunst und Kultur bemühen am Hungertuch nagen müssen.
Der Bambi ist so ein funktionierendes Geschäftsmodel, welches aber nur die begünstigt, dies sowieso gut Kohle machen.
Ich finde es klasse, das Heino seinen Bambi zurückgeschickt hat.