Ist der Mensch unzufrieden, gründet er Bürgerinitiativen
So oder so ähnlich könnte man es wohl zusammenfassen.
Jeder von uns kennt sicher irgendeine Bürgerinitiative. Mancheiner meiner Leser hat vielleicht selbst schon eine Initiative gegründet oder ist Mitglied in einer solchen ‚Bürgerbewegung‘.
In meiner mittelbaren Nachbarschaft gibts aktuell viele solcher Gruppen. Aber zwei die – momentan zumindest – wieder sehr aktiv sind.
Einmal die Bürgerinitiative gegen die A39 und einmal eine gegen einen Flugplatz, der solange existiert wie ich mich entsinnen kann. Und das sind mindestens schon muntere 33 Jahre.
Dort herrscht jedoch kein Linienverkehr. Somit ist meist nur an den Wochenenden was los. Während der Woche startet dort höchstens der Feuerwehrflieger.
Heißt also, das inzwischen mindestens zwei Generationen von Lüneburgern mit dem Flugplatz aufgewachsen sind. Die dürfte er also eher weniger stören.
Bleiben die, die in den letzten 2 – 3 1/2 Jahrzehnten vor allem von außerhalb in die Neubaugebiete und in das weitere Umfeld des Flugplatzes gezogen sind. Sprich, die Leute, die erst in das Flugplatzumfeld kamen, als der schon lange – und vor allem wesentlich stärker – mit Leben gefüllt war.
Folglich müsste man eigentlich beides (den Flugplatz an sich und dessen Aktivität) mit einkalkuliert haben, als man sich entschied in die Nähe des Flugplatzes zu ziehen.
Natürlich gestehe ich jedem das Recht zu, wenn er mit etwas unzufrieden ist, eine BI zu gründen. Aber sind diese Gruppen nicht oftmals rein Problemverlagerungs- statt Problemlösungs-Orientiert?
Zumal man ja durchaus in vielen Fällen mögliche Gespräche mit der gegnerischen Partei ausschlägt. Nicht selten mit der Begründung, man sähe darin keinen Zweck, würde alle Argumente schon kennen oder – wenn’s ganz schlecht läuft – mit der Begründung, das Angebot sei nicht ernst gemeint.
Nur Verlagerung von Problemen – keine Beseitigung selbiger
Vor allem bei der BI gegen den Flugplatz, die gegen die Verlängerung der Flugplatz-Lizenz und gegen eine höhere Anzahl von Starts und Landungen kämpft, überkommt mich durchaus das Gefühl.
Die BI fordert, man solle den Flugplatz schließen und die Flieger ins etwas mehr als 30 KM entfernte Uelzen respektive dessen Umgebung verlagern.
Gut, ich selbst durfte während einer Unterrichtswoche in der Nähe des Flugplatzes erfahren, das die Flieger – weil sie ja erst einmal an Höhe gewinnen müssen – niedrig über den angrenzenden Stadtteil fliegen, und durchaus einen gewissen Lärmpegel verursachen.
Aber wenn die Bürgerinitiative ihren Willen durchsetzt, wem ist dann geholfen? Doch einzig nur den Bewohnern des angrenzenden Stadtteils von Lüneburg, oder?
Bei allem anderen verlagert man doch nur die Problemstellung meiner Ansicht nach:
– die Flieger sind in Uelzen genauso laut, also haben dann statt der Lüneburger Anwohner die Uelzener die Lärmproblematik am Hals
– auch in Uelzen können die Flieger vom Himmel fallen – eine mögliche Gefährdungslage bleibt also auch bestehen
– die Piloten müssen 30 KM (pro Richtung wohlgemerkt) weiter fahren, verpesten also mit den zusätzlichen Abgasen die Umwelt
– dort muss evtl. erst ein entsprechend vorhandener Platz um- oder gebaut werden. Was wiederum Versiegelung von Landschaftsflächen bedeutet.
Also könnte die These von der Problemverlagerung statt der Problemlösung ja durchaus zutreffend sein, oder? Zumal sich solche Initiativen ja ganz schnell wieder auflösen, wenn der Grund nicht mehr vorhanden ist weswegen sie gegründet wurden.
Bürgerprotest ja – aktiv Politik mitgestalten nein
Warum aber wird man immer erst oder immer nur dann aktiv, wenn einen was stört das man beseitigt haben will?
Warum sagt man sich bis dahin, was geht mich das Ganze an das hier in der Stadt, in dem Ort, dem Kreis oder dem Land passiert?
Ist das Faulheit? Bequemlichkeit? Egoismus?
Oder was ist der Grund dafür, das die Leute, wenn sie es angeboten bekommen sich zum Beispiel politisch zu beteiligen, sagen ‚Vorstellen könnte ich mir das durchaus. Aber heute noch nicht. Vielleicht bei der nächsten Wahl‘
Denn die Kommunalpolitisch aktiven Leute in unserem Ort zum Beispiel – und da rede ich jetzt nur von der Partei, für die ich auf der Liste für den Gemeinderat bei der Kommunalwahl im September stehe – haben um die 20 bis 30 Leute angesprochen. Und wohl bis auf zwei – ich und ein anderer Kandidat – haben alle so geantwortet.
Interesse könne man sich vorstellen. Aber aktiv werden, nein, momentan noch nicht. Vielleicht in 5 Jahren.
Verwirkt man damit für sich eigentlich nicht das Recht, dann in einer (möglichen) Bürgerinitiative auf die Barrikaden gehen zu dürfen, wenn einen etwas nicht passt? Schließlich hat man die Möglichkeit ausgeschlagen, von vornherein etwas anders zu gestalten, bei dem man sonst vielleicht erst in einem späteren Stadium in die ‚Ich-bin-dagegen‘-Bewegung einer Bürgerinitiative eingetreten wäre.