Typisch eingebaute Vorfahrt?

Es gibt Zeiten, da frage ich mich ernsthaft ob man jungen Führerscheinbesitzern einen Gefallen tut, wenn man ihnen bestimmte Fahrzeugtypen anvertraut. Denn nicht selten, so habe ich den Eindruck, meinen die jugendlichen Führerscheinneulinge mit dem Erwerb der Fahrlizenz auch die Ahnung und die Erfahrung erworben zu haben.

Erst Anfang der Woche sorgte ein 20-jähriger dafür, das dem Besitzer eines 700 PS starken Gefährts nur noch der Schlüssel für das Wägelchen blieb. Und ich bin der Meinung, dieses Jahr schon von mehreren Unfällen jugendlicher Fahranfänger mit Fahrzeugen in der Preisklasse jenseits der 80.000 € gelesen zu haben.

Heute nun hat möglicherweise eine 18jährige gemeint, weil sie mit einem oberen Mittelklassewagen unterwegs war – dem nachgesagt wird über eine eingebaute Vorfahrt zu verfügen, auch darauf bestehen zu können. Leider legte sie sich dabei mit einem Traktorgespann an.

Häufen sie sich wirklich, die Unfälle Jugendlicher Fahranfänger mit Fahrzeugen der oberen Mittelklasse und auch mit Luxuskarossen? Oder ist das nur ein subjektiver Eindruck?

Fahranfänger und Luxuskarossen – ein ungleiches Paar

Dabei muss man natürlich – wie ich denke – definieren, was ein Fahranfänger ist:

Für mich ist ein Fahranfänger jemand mit weniger als 3 Jahren Fahrpraxis. Früher hat man ja gesagt, erst nach 7 Jahren hätte man alle möglichen, im Straßenverkehr vorkommenden Situationen annähernd einmal erlebt. Da der Verkehr aber über die letzten Jahre ja extrem zugenommen hat, ist diese Spanne sicherlich extrem zusammengeschrumpft.

Aber tut man diesen Fahranfängern auch einen Gefallen, wenn man ihnen solch ein Gefährt mit eingebauter Vorfahrt – gemeint ist natürlich Mercedes, die Marke mit dem Stern – oder ähnlich hochpreisige und somit schnelle Gefährte in Obhut gibt? Bei der A- oder der B-Klasse mags ja noch einigermaßen gehen. Mit Einschränkung auch noch die C-Klasse. Aber der Rest?

Gaukelt ein E-Klasse Mercedes, oder die Geländegängigen Fabrikate der Marke, den jungen Führerscheinbesitzern nicht eine Scheinsicherheit vor? Motto: Ich fahre einen Luxus-Schlitten, also kann mir ja nichts passieren?

Und was ist mit diesen, vor Pferdestärken nur so strotzenden, Geschossen mit PS-Zahlen, die für jemanden der gerade mal erst lernt sich im Straßenverkehr zurecht zu finden und zu behaupten, jenseits von Gut und Böse sind? Sollte man nicht ernsthaft überlegen, die Nutzung solcher – irgendwo ja zumindest für unsere Breiten auch völlig überlüssigen – Gefährte an Bedingungen zu knüpfen?

vorgegaukelte Scheinsicherheit

Denn welche/r 19- oder 20jährige kann wirklich von sich behaupten, einen 700 PS-Boliden jederzeit auch nur Ansatzweise unter Kontrolle zu haben. Das fällt ja selbst den meist älteren – und somit in der Regel erfahrerenen – Besitzern schwer.

Welcher Fahranfänger weiß schon wie er reagieren muss, wenn bei Tempo 220 – und möglicherweise noch höher – plötzlich ein Hindernis im Weg steht. Wer von diesen Leuten weiß wie ein solches Geschoss reagiert, wenn es plötzlich von einem Tempo jenseits der 200 abrupt heruntergebremst wird? Und die Bremsleistung dieser Hochpreisigen Marken unterscheidet sich ja nun nicht gerade geringfügig von denen der Golf-Klasse.

Vermutlich die wenigsten wie wohl anzunehmen ist.

Seien wir doch mal ehrlich: Wer kann dem Reiz widerstehen, die Möglichkeiten die ein PS-Bolide bietet, auszufahren? Nicht sehr viele, oder?

Sollte man nicht zur Bedingung machen, das man mindestens 5 oder 6 Jahre regelmäßige Fahrpraxis nachweisen kann bevor man zumindest solche Fahrzeuge fahren darf, die mit über 300 PS den sonst üblichen Rahmen sprengen? Wer einem Fahranfänger vor dem Ablauf dieser Frist seinen PS-Giganten überlässt, verwirkt dann einfach den Versicherungsschutz in Hinsicht darauf, das man ihm den materiellen Wert ersetzt. Nicht in Hinsicht auf möglicherweise verletzte Insassen oder Fussgänger.

Schließlich müssen wir alle diese Schäden über unsere Kasko-Versicherung bezahlen.

Denn wer 5 oder 6 Jahre regelmäßig mit einem ’normalen‘ Pkw unterwegs ist weiß in der Regel was ihn erwartet, wenn er in die ‚Upper-Class‘ einsteigt und losjagt.

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